Vorsicht mit den Träumen - sie könnten in Erfüllung gehen!



Buddha sagt: "Laufe nicht der Vergangenheit nach und verliere dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben ist hier und jetzt."







Samstag, 21. August 2010

Dinner with Roo





Wir sitzen am Lagerfeuer, auf dem Rost die letzten beiden Würstchen, da steht sie plötzlich neben uns. Keiner hat sie kommen sehen oder gehört. Sie guckt, als wollte sie sagen, sorry, ich weiß ich bin ein bisschen spät, aber ist noch was übrig? Wir halten den Atem an, wagen nicht uns zu bewegen, wollen sie nicht erschrecken. Mitnichten! Diese kleine Roo-Lady ist furchtlos. Nicht einmal der Blitz meiner Kamera stört sie, so begeistert frisst sie Dave und Pete das geröstete Brot aus den Händen.



Ihr könnt euch nicht vorstellen, was das für Gefühle sind. Wildes, raues Land, Kampf ums Überleben und ein Wildtier, das keine Angst und keine Scheu zeigt, offenbar keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht hat. Einfach nur neugierig ist, aber vielleicht schon den einen oder anderen Leckerbissen von einem Durchreisenden erhalten hat. Hoffentlich läuft sie nicht hinaus auf den Highway und endet wie viele ihrer Artgenossen.


Doch wir haben heute auch wieder eine der traurigen Seiten des wilden Landes zu sehen bekommen, aber das gehört auch dazu. Fressen und gefressen werden.



Das was die wilden Dingos nämlich übrig lassen, das ist nicht viel und was sie nicht wegputzen, das übernehmen die Kleinstlebewesen. Nach einiger Zeit ist dann nicht mehr viel übrig, außer weißgebleichten Knochen. Wie von diesem Schaf.


Noch beim Einschlafen letzten Abend hörten wir ein Schaf ängstlich blöken und die Dingos heulen. Das ist auch etwas sehr besonderes. Wenn ein Hund den Mond anheult, na ja, aber wenn ein ganzes Rudel das tut, draußen in der pechschwarzen Wildnis, das ist etwas anderes. Vor allem, wenn wir nicht abschätzen können, wie weit sie eigentlich weg sind, nicht einmal aus welcher Himmelsrichtung das Geheule kommt. Wir waren ehrlich froh, im Wohnmobil zu schlafen und nicht in einem Zelt. Ich zumindest, meinen beiden Bush Men macht so etwas ja nichts mehr aus und schon gar keine Angst.


Stimmt natürlich, Sterben ist Teil des Lebens und das wird uns wieder bewusst, mitten in dieser lebendigen Natur.

Unsere Tour führt heute über die längste, völlig gerade Straßenstrecke Australiens – 146,6 km ohne eine einzige Kurve und durch ein Land das völlig glatt und eben ist. Selten einmal Büsche, noch seltener einmal ein Baum. Nichts stört diese faszinierende Eintönigkeit, doch noch schöner ist sie im Sommer, wenn die Büsche verdorrt sind und die rote Erde bis zum Horizont reicht.
 
 


So kommt es schon mal vor, dass unser Captain plötzlich warnend ausruft, Achtung! Ozeandampfer voraus! Und tatsächlich, auf der flirrenden  Fatamorgana
schiebt sich etwas Riesiges vom Horizont heran.



Aus der Nähe entpuppt es sich wieder einmal als überbreiter Schwertransporter, der uns von der Fahrbahn drängt.




Wir überqueren den sogenannten Mandura-Pass (früher ein Austauschplatz für Pferde der Britischen Armee) und ich sehe völlig „crazy people“, die genau dort Golf spielen. Aber da ist kein Golfplatz, nur ein Abschlag und in 125 m ein Loch. Aber diese Golfer sind mit viel Spaß bei der Sache.



Am Mandura Roadhouse sehe ich außerdem etwas, was mir in der Seele weh tut. Einer dieser herrlichen rosa-weißen Papageien, die ich im Riesenschwarm von Baum zu Baum flattern sah und die uns schon auf vielen Rastplätzen morgens mit ihrem Geschrei so wunderschön geweckt hatten, ist eingesperrt in einer Voliere. Ganz allein und traurig ist er.


Ich gehe ins Office und frage, was kostet ihr Vogel, ich möchte ihn kaufen. Der Mann sieht mich groß an und antwortet, Sunny ist nicht zu verkaufen. Ich möchte ihn freilassen, antworte ich. Wie bitte? sein Mund steht offen vor Staunen. Ich erkläre ihm, dass Papageien in Communities leben oder zumindest einen Partner brauchen, weil sie sonst unglücklich und krank werden. Er schüttelt den Kopf und will mich beruhigen, Sunny ist schon so lange allein eingesperrt, der würde in der Natur keinen Tag überleben und das Alleinsein macht ihm nichts. Der Kerl versteht gar nicht, worüber ich mich aufrege.


Madura Oldtimer

Ach ja, noch etwas Interessantes begegnet uns auf diesen Touren, ich will es „trash art“ nennen (Müllkunst), aber noch fand ich niemanden, der mir den Sinn oder Unsinn dieser Aktionen erklären konnte.


Machen es die Reisenden um Zeichen zu hinterlassen, Spuren ihrer Gegenwart und Vergänglichkeit? Oder sind es Outback Second Hand Shops? Kann ich meine Klamotten dort deponieren und dafür andere mitnehmen?




Nach dem Witz: Kameraden, nach 6 Wochen im unermüdlichen Einsatz gegen den Feind, hat die Heeresleitung endlich die Erlaubnis zum Tauschen der Montur erteilt, Meier tauscht mit Schulze, Knöbelböck mit Witzmann…..



Oder, gibt es „Aufräumer“ die alles zusammensammeln was die Reisenden so verlieren oder liegenlassen um es so dekorativ zur Schau zu stellen?

Oder, werfen 5 Backpacker in einem VW-Bus, denjenigen ihrer Kumpels, der kein Gras mehr dabei hat, auf der Strecke samt seinem Hab und Gut aus dem Bus?

Oder, fängt ein Liebespaar ein neues gemeinsames Leben an, und trennt sich deswegen von allen seinen alten Besitztümern?

Fragen über Fragen und keine Antworten.



Als ich heute Morgen dieses Häuschen frequentiert hatte, um unsere chemische Toilette nicht zum Überlaufen zu bringen (wir können die Chemie derzeit nämlich nirgends entleeren), war ich mit Recht stolz auf mich und suchte ein wenig Anerkennung, für diese Überwindung, bei den Männern. Mit den Worten „das ist schließlich wirklich nichts für eine Lady“. Die knappe Antwort meines Sohnes war „ Mam, du bist keine Lady mehr, die Business-Lady ist tot, jetzt bist du ein Outback-Girl“. Ich schluckte und dann glühte ich vor Stolz.

Ja, ich bin jetzt ein Outback-Girl. Jammere nicht mehr über die nächtliche Kälte, freue mich über die Wüstentemperaturen tagsüber, ich ignoriere den roten Sand der überall ist, auf dem Boden wie im Bett, zaubere Lagerfeuermenüs mit Buschbrot und serviere es auf Papptellern, begleitet von einer Dose Buschwasser (Bier). Steige schon mal 4 Tage und Nächte nicht aus meinen Klamotten, weil es abends so kalt ist, dass ich in voller Montur unter die Decke krabble. Krieche durch Bergstollen ohne einen Gedanken an Platzangst und klettere über Klippen ohne Angst, dass die Jeans nass werden, oder ich abstürzen könnten. Turne über Schrotthalden auf der Suche nach dem besten Motiv, ohne einen Gedanken an eventuelle Schlangen zu verwenden. Jes, I am an Outback Girl.

Und das Beste daran, wir alle drei fühlen uns besser, gesünder und fitter als je zuvor, brauchen keine Medikamente mehr und Pete und ich verlieren etwas von unserem Wohlstandsspeck. Bei der Erinnerung an „Perfektes Dinner auf VOX“ kann ich nur noch verwundert den Kopf schütteln. Erinnerungen an ein anderes Leben.



Nachtrag: Ich war schon zum Schreiben im MoHo als meine Männer nachkamen und erzählten, dass auch noch ein Roo Junges aufgetaucht war. Klein und schüchtern, blieb es außerhalb des Feuerscheins und verschwand lautlos wieder – vielleicht auf der Suche nach Mama.

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